
Antarktis 2015
Tag 12 (15.12.2015) - Kinnes Cove - Brown Bluff - Paulet Island
Sonnenaufgang: 02:22 Uhr | Sonnenuntergang: 22:57 Uhr
Temperatur: Luft 1°C | Wasser 1°C | Wind Beaufort: SSW 5-6 | Seemeilen: 2569 nm
Tafel-Eisberge so weit das Auge reicht...

Nach nur wenigen Stunden in nächtlicher Dämmerung – dunkel wird es am Ende der Welt auf dem eisigen Kontinent mittlerweile kaum noch – fährt MS Hanseatic in den frühen Morgenstunden in den Antarctic Sound ein und steuert unser Ziel für den heutigen Morgen an: Kinnes Cove auf der Joinville Island.

Joinville Island ist die größte der Joinville Inseln. Die Joinville Inseln liegen an der nordöstlichen Spitze der Antarktischen Halbinsel, von der sie durch den etwa 50km langen und zwischen 11 und 20km breiten Antarctic Sound getrennt sind.
Der Antarctic Sound wurde von der schwedischen Antarktis-Expedition unter Otto Nordenskjöld nach deren Expeditionsschiff «Antarctic» benannt: unter Kapitän Carl Anton Larsen war die «Antarctic» 1902 das erste Schiff war, das diesen Sund durchfuhr.
Wieder einmal machen starke Winde eine Zodiac-Tour unmöglich, so dass wir Kinnes Cove verlassen und unsere Fahrt Richtung Nordspitze der Antarktischen Halbinsel aufnehmen. Wir begegnen dabei zahlreichen gigantischen, wunderschönen Tafeleisbergen: mittlerweile scheint auch die Sonne und wir erleben eine faszinierende antarktische Landschaft, die kaum vorstellbar ist! Einen ganz besonderen Eisberg können wir bei dieser fast unwirklichen Fahrt durch die vielen Bruchstücke von Tafeleisbergen sehen: B15Y. Er ist ein Teilstück des grossen Eisberges B15, das im März 2000 vom Ross Eisschelf abgebrochen ist. «B15» hatte damals eine Fläche von etwa 11.600km² und ist im Laufe seiner Reise durch das Südpolarmeer 2002 in viele verschiedene kleinere Teile zerbrochen. Der «kleine» Teil, den wir nun sehen, hat noch eine Kantenlänge von etwa 15km!
Wir kommen aus dem Staunen nicht raus: die Tafeleisberge, Bruchstücke von Schelfeis, sind flach und haben eine Höhe von etwa 20-30 Meter. Die riesigen Dimensionen der Tafeleisberge um uns herum sind schlicht gigantisch! Leider kann man die Höhe und Grösse, ohne beispielsweise ein Schiff vor einem solchen Eisberg in Relation zu setzen, kaum photographisch darstellen – einmal mehr sind wir geflasht von «Mutter Natur»!





Brown Bluff - wir betreten zum ersten Mal den antarktischen Kontinent
Gegen Mittag erreichen wir Brown Bluff. Der englische Name beschreibt das Aussehen des Berges seeseitig und die über 700m aufsteigenden braun gefärbten Klippen, die direkt an den Strand grenzen. Brown Bluff ist eine bekannte Landestelle mit Kolonien von Esels- und Adeliepinguinen und wir freuen uns, dorthin zu spazieren und ausserdem – zum ersten Mal! – hier nun den antarktischen Kontinent betreten zu können!


Auf Brown Bluff macht sich grosse Begeisterung breit, denn die Adeliepinguine präsentieren uns bereits ihren Nachwuchs! Die flauschigen Küken sind erst wenige Tage alt und noch ganz winzig.
Wir können beobachten, wie die Tiere in ihren «Geröll-Nestern» brüten, sich gegenseitig mit Steinchen beschenken oder sogar einem Kontrahenten welche vom gebauten Nest stehlen. Man könnte diesen kleinen «zappeligen, quirligen Pinguinen» bei ihrem Machen und Tun stundenlang zuschauen...
Am Nachmittag passiert MS Hanseatic die Insel Rosamel und fährt in den Erebus und Terro Gulf ein: jetzt sind wir im Weddellmeer!
Hier treffen wir nicht nur Weddellrobben 😉, sondern auch einmal ein anderes Schiff: auch «Le Lyrial» von Ponant kreuzt im antarktischen Sommer hier «unten».






Paulet Island
Gegen 17:30 Uhr erreichen wir Paulet Island. Paulet Island ist eine kleine, beinahe kreisrunde Vulkaninsel an der Spitze, also am nordöstlichen Ende, der Antarktischen Halbinsel im südpolaren Weddell-Meer. Die Insel besteht aus erstarrter Lava, über der ein 353m hoher Kegel mit einem kleinen Gipfelkrater aufragt. Sie ist 2,2km lang und 1,5km breit. Erdwärme sorgt dafür, dass Teile der Insel über das gesamte Jahr eisfrei bleiben und aufgrund der Wärme wird vermutet, dass der Vulkan innerhalb der letzten tausend Jahre stattgefunden haben muss.




Während einer britischen Expedition von 1839 bis 1843 wurde die Insel von James Clark Ross entdeckt und dann von Ross nach dem späteren Admiral der Royal Navy, Lord George Paulet (1803–1879), benannt. Bekannt wurde die Insel allerdings durch die schwedische Antarktis-Expedition von Otto Nordenskjöld: Nordenskjölds Schiff, die «Antarctic», wurde in 25 Meilen Entfernung vom Packeis zerstört und sank. Nach einem 16-tägigen Fussmarsch über das Eis erreichte Kapitän Carl Anton Larsen mit seiner Mannschaft am 28. Februar 1903 die Insel. Sie errichteten eine Steinhütte und überwinterten. Nach 9 Monaten, im Oktober 1903, wurden sie schliesslich von der argentinischen Korvette «Uruguay» gerettet.
Wir können die Reste der Hütte noch heute sehen: zahlreiche Adeliepinguine haben die Ruine besetzt. An diesem schönen Spätnachmittag können wir auf dieser Insel neben den Pinguinen auch Dominikanermöwen, Blauaugenscharben und Skuas auf Raub-Flug beobachten.


Gegen 20:15 Uhr sind zurück an Bord und lassen die vielen Eindrücke des Tages beim Abendessen und einem Glas Wein noch einmal Revue passieren.



