Antarktis 2015

Tag 11 (14.12.2015) - Point Wild/Elephant Island

Sonnenaufgang: 02:49 Uhr | Sonnenuntergang: 22:19 Uhr
Temperatur: Luft 0°C | Wasser 0°C | Wind Beaufort: S 7 | Seemeilen: 2323 nm

Elephant Island - wie kann man hier mehr als 4 Monate überleben?

Nach den Südlichen Orkneyinseln fahren wir nun zu den Südlichen Shetlandinseln.

Am Vormittag auf See gibt es wieder ein informatives Vortragsprogramm: Expertin Sylvia Stevens spricht zum Thema «Die Robbe – Das Leben im Südpolarmeer» und Heike Fries bringt uns die Geologie der Antarktischen Halbinsel mit ihrem Vortrag «Karambolagen, Farnwälder und Fossilien» näher.

Gegen 12:30 Uhr erreicht MS Hanseatic die einsame Insel Elephant Island. Die felsige, vergletscherte, ständig Wind und Wetter ausgesetzte Insel, im östlichen Teil der Südlichen Shetlandinseln, liegt etwa 1.300km südwestlich von Südgeorgien und rund 930km südlich der Falklandinseln. Ihren Namen erhielt die Insel bereits 1821/22 möglicherweise aufgrund ihres Reichtums an See-Elefanten, ihre Bekanntheit erhielt die Insel jedoch durch den bekannten Polarforscher Ernest Shackleton und seine Expedition 1914 bis 1916: nachdem die «Endurance» von Packeis eingeschlossen und zerstört worden war, erreichten Shackleton und seine 27 Expeditionsmitglieder in drei offenen Booten am 15. April 1916 endlich Land. Da niemand auf dieser abgelegenen Insel nach ihnen suchen würde, brach Shackleton am 24. April mit 5 Gefährten in dem von der «Endurance» geborgenen offenen Rettungsboot «James Caird» Richtung Südgeorgien auf. Die auf der Insel verbliebenen 22 Expeditions-Mitglieder, unter der Leitung von Frank Wild, ernährten sich während der kommenden Monate auf dieser rauen Insel von Robben und Pinguinen, bevor sie am 30. August 1916 von ihrem «Boss» Shackleton mit dem chilenischen Dampfschiff «Yelcho» gerettet werden konnten. Alle Mitglieder der Expedition überlebten.

Das Kap, an dem sie über vier Monate ausgeharrt hatten, wurde «Point Wild» benannt. Ein Steinblock mit der Büste von Luis Pardo Villalon, dem Kapitän der «Yelcho», wurde von der chilenischen Antarktisexpedition 1987/88 zur Erinnerung an die Rettung hier errichtet.

Obwohl Elephant Island ein sehr guter Standort zur Versorgung der Antarktischen Forschungsstationen rund um das Weddellmeer hätte sein können, war sie aufgrund ihres widrigen Klimas und mangels sicherer Schiffslandeplätze zu keiner Zeit – mit Ausnahme der Shackleton Expedition notgedrungen – von Menschen bewohnt. Heute wird die Insel gelegentlich von Kreuzfahrt-Schiffen besucht, wobei eine Anlandung wegen der widrigen Windverhältnisse wohl nur äusserts selten gelingt.

Auch unsere Hoffnung, eine Zodiac-Tour an der Küste zu unternehmen, zerschlägt sich: zwei Versuche werden gestartet, doch heftiger Wind verhindert eine Ausfahrt. Ausserdem hat sich bei unserer Ankunft ein gigantischer Eisberg auf unseren Ankerplatz «platziert», zu gefährlich wäre es von diesem in der Bucht eingeschlossen zu werden. Kapitän Gerke schafft es trotz allem, die Hanseatic so nah an die Küste heranzusteuern, dass wir die Überwinterungsstelle von Shackletons Männern ausmachen können.

Der Steinblock mit der Büste von Luis Pardo Villalon, dem Kapitän der «Yelcho» (leider nur in sehr schlechter Auflösung)
Da sollte eigentlich MS Hanseatic liegen...

Wir freuen uns einen Blick auf diese schroffe Insel im Südpolarmeer werfen zu können und sind einmal mehr verwundert, wie man es hier, Wind und Wetter ausgesetzt, ohne wetterfeste Kleidung (!) über 4 Monate im Winter aushalten konnte… dann fährt MS Hanseatic in tierischer Begleitung weiter: Finn- und Buckelwale begleiten uns. Ausserdem beobachten wir für dieses Gebiet ungewöhnlich viele Schwarzbrauenalbatrosse.

Gegen 16:00 Uhr passieren wir Cape Valentine, wo Shackleton erstmals an Land gegangen ist, dann nimmt MS Hanseatic Kurs auf den Antarctic Sound.

Dramatischer Himmel an Cape Valentine

Um 18:30 Uhr folgt ein Precap und wir sind gespannt auf den folgenden Tag.

Am Abend genießen wir ein klassisches Klavierkonzert mit Werken von F. Chopin und E. Grieg unseres Bord Pianisten Uwe Künstler – natürlich Meerblick inklusive!